THW Havixbeck – SEEBA-Einsatz Beirut, Libanon - Rückkehr

Stephan Mondry und Rettungshund Belana aus Libanon zurück

Nun sind bereits einige Tage seit der Rückkehr der THW-Helfer und THW-Helferinnen aus Beirut vergangen und wir wollen im Nachhinein die Geschehnisse zusammenfassen und auch einen Blick hinter die Kulissen werfen.

Als am Abend des 04.08.2020 die ersten Bilder in den Medien über die verheerende Explosion im Hafen von Beirut verbreitet wurden, war einigen im THW schon klar, dass dies ein Einsatz für die SEEBA (Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland) des Technischen Hilfswerks (THW) werden könnte. So kam es dann auch. In der Nacht erfolgte eine Verfügbarkeitsanfrage und ein Voralarm für einen möglichen SEEBA-Einsatz in Beirut, Libanon, den unser Rettungshundeführer Stephan Mondry mit „Ja“ beantwortete.  Und am frühen Morgen erfolgte dann der entscheidende Anruf, dass sich die SEEBA-Einheit am vorgegebenen Bereitstellungspunkt  sammeln wird.

Die Hilfeersuchen betroffener Staaten gehen zunächst an das European Response Coordination Center (ERCC), die deutsche Bundesregierung bietet im Rahmen dieses EU-Mechanismus die SEEBA als Einsatzmodul an und entsendet nach Annahme durch die betroffene Regierung die Einsatzkräfte in das Katastrophengebiet.

Die Mitglieder der bundesweiten SEEBA, zu der auch zwei Helfer und zwei Helferinnen sowie drei Rettungshunde aus unserem Ortsverband Havixbeck gehören, müssen innerhalb von 6 Stunden nach Alarmierung in einem Bereitstellungsraum „SEETreff“, in diesem Fall im THW-Ortsverband Rüsselsheim, eintreffen. Der Ortsverband Rüsselsheim betreut als Sammelpunkt vor Auslandseinsätzen die Schnell-Einsatz-Teams vor ihrer Verlegung zum Flughafen Frankfurt.

Diese kurzfristige Einsatzbereitschaft funktioniert nur mit bereits im Vorfeld gepackten Reisetaschen. So hat Stephan Mondry seine Einsatzausrüstung stets gepackt. Diese passt er je nach Klimazone und Gegebenheiten noch individuell an. Gleiches gilt auch für seine Hündin Belana. Auch für sie ist alles vorgepackt, so ist unter anderem auch das Futter für 10 Tage portioniert und einzeln abgepackt.

Um die vorgeschriebenen Corona-Regeln einzuhalten und somit den Einsatz nicht zu gefährden, trugen alle Helfer eine FFP2-Schutzmaske und führten ausreichend Desinfektionsmittel mit.

Nach der Ankunft im Treffpunkt in Rüsselsheim, das sich in der Nähe des Frankfurter Flughafens befindet, wurden die Impfausweise und der Gesundheitsstatus sowie weitere erforderliche Unterlagen für den Auslandseinsatz der Helfer und Helferinnen des fast 50-köpfigen SEEBA-Medium-Teams (die kleinste THW Search and Rescue Einheit) und auch der vier mitgeführten Rettungshunde überprüft. Zu dem Team gehörten auch vier Einsatzkräfte der International Search and Rescue (ISAR Germany), deren Aufgaben u.a. im Bereich der medizinischen Betreuung und Baufachberatung lagen.

Dann hieß es erst mal warten bis alle Mechanismen im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens durchlaufen waren. Die Annahme der deutschen Hilfeleistung und auch anderer EU-Staaten erfolgte am Nachmittag durch die libanesische Regierung und so konnte sich das Einsatzteam per Bus auf den Weg zum Frankfurter Flughafen machen.

Da die mehr als 16 Tonnen umfassende Ausstattung der SEEBA, die modernste Technik und die gesamte Logistik für die Eigenversorgung umfasst, in Aluminiumboxen passender Größe verstaut ist, konnte alles mit einer normalen Passagiermaschine der Lufthansa transportiert werden. Die vier Rettungshunde durften beim Hinflug mit in die Kabine, was für die Helfer und Helferinnen und vor allem für die Hunde eine enorme Erleichterung war, da man seinen engsten vierbeinigen Kameraden direkt bei sich hatte und wusste, dass dieser ebenfalls gut ankommt.

Die Maschine war anfangs überladen und so entschied der Kapitän, einige Teile des Gepäcks anderer Fluggäste auf eine andere Maschine umzubuchen. Es war deutlich zu spüren, dass die betroffenen libanesischen Fluggäste froh über die Hilfe der deutschen Helfer und Helferinnen in ihrem Land waren. Sie haben gerne auf ihr Gepäck verzichtet und eine spätere Ankunft des Gepäcks in Kauf genommen. 

Am Donnerstag, 06.08.2020, um 06.40 Uhr vor Ort angekommen, wurde das Einsatzteam gleich  vom Militär, von Flughafenmitarbeitern, Fluggästen und anderen Passanten willkommen geheißen. Auch Fotos mit den Helfern wurden „eingefordert“. Nach dem Corona-Schnelltest am Flughafen ging es anschließend in die Deutsche Schule in Beirut, in der das THW-Lager und die Unterkunft der Einsatzkräfte durch das THW-Team schnell eingerichtet wurden. Die vorhandene Infrastruktur vor Ort brachte enorme Vorteile für die Einsatzkräfte, da kein eigenes komplettes Zeltlager aufgebaut werden musste und nur ein paar Zelte als Schwarz-Weiß-Bereich mit Duschen aufzubauen waren. Somit konnte noch am gleichen Tag mit dem Rettungseinsatz begonnen werden. In einem Erdbebengebiet muss sich das Team vor Nachbeben schützen und es wird daher immer ein eigenes komplettes Zeltlager mit der gesamten Infrastruktur aufgebaut.

Die Aufgaben des Teams umfassten Lageerkundung und Lagebeurteilung, Suche nach verschütteten Personen, Beurteilung von Gebäudeschäden sowie die Unterstützung der Deutschen Botschaft bei der Bewältigung der Lage. Die Fahrt der Rettungskräfte zu den vorgegebenen Einsatzstellen in das Hafengebiet von Beirut dauerte vom Stützpunkt aus etwa  20 Minuten und wurde mit Schulbussen der örtlichen Deutschen Schule durchgeführt.
Auf dem Weg in Richtung Einsatzgebiet wurde das Ausmaß der Explosion immer sichtbarer und deutlicher. Das Schadensbild, das sich darstellte, war für alle Einsatzkräfte neu, da dieses nicht mit bereits bekannten Szenarien wie der Gasexplosion eines Hauses, einem Erdbeben oder einer Überschwemmung vergleichbar war. In Beirut war das Schadensbild anders als beim Erdbeben stark auf einen Bereich am Hafen konzentriert und nicht in der ganzen Stadt verteilt. Hinzu kam ein starker Verwesungsgeruch, den die Helfer und Helferinnen wahrnahmen.

Erschwerend waren für die meisten der europäischen Einsatzkräfte und Rettungshunde die klimatischen Verhältnisse in Beirut.  Die Sonne schien von morgens bis abends und es herrschten hohe Temperaturen von  30-35°C, die zudem mit einer hohen Luftfeuchtigkeit kombiniert waren. Am angenehmsten waren daher die Suchen in den frühen Morgen- und späten Abendstunden. Zurück im Camp erhielten zuerst die Rettungshunde eine Abkühlung, die auch dazu diente, die im Einsatzgebiet aufgenommenen Verunreinigungen wieder aus dem Fell zu spülen. Anschließend erfolgte in den Zelten der Schwarz-Weiß-Bereiche eine Dusche für die Einsatzkräfte und der Schichtwechsel für das nächste Such- und Rettungs-Team.

Da jede Helferin und jeder Helfer auch Angehörige zuhause hat, ist die THW- Einsatzleitung stets bemüht, den Kontakt in die Heimat aufzubauen, zu halten und die Angehörigen laufend mit Informationen zu versorgen, um so möglichst allen Beteiligten den Einsatz so angenehm wie möglich zu gestalten. Durch vorhandenes W-LAN konnten die Rettungskräfte in diesem Einsatz, auch wenn es limitiert war, Kontakt zu ihren Liebsten halten, was sowohl den Angehörigen wie auch den Einsatzkräften hilft, mit einem Einsatz dieser Schadenslage umzugehen.

Nach vier Tagen intensiver Suche durch die beiden Such- und Rettungsteams im Hafengebiet von Beirut, durchgeführt im Zweischichten-System abwechselnd mit jeweils zwei  Rettungshundeführern/in mit ihren Hunden, einem Baufachberater und einem Arzt, wurde der Einsatz beendet, da nach dieser Zeit und aufgrund der Schadenslage erfahrungsgemäß nicht mehr mit Überlebenden zu rechnen ist. Die Rettungshunde des THW sind dafür ausgebildet, lebende Personen unter Trümmern aufzuspüren.

Auch wenn durch den Einsatz der Rettungshunde  keine lebenden Personen aufgespürt werden konnten, so hat die Arbeit des THW dazu beigetragen, dass die abgesuchten Bereiche für die Aufräumarbeiten freigegeben werden konnten.

Vorgesehen war daher der Rückflug von 36 Einsatzkräfte der SEEBA mit allen Suchhunden sowie dem größten Teil der Ausstattung gemeinsam mit den Kräften von ISAR Germany am Sonntagabend, 09. August.

Mit dem Rückbau des THW-Lagers an der Schule konnte schon früh begonnen werden, da ein nahegelegenes Hotel seine Unterstützung anbot und u.a. seine Waschräume zur Verfügung stellte.

Auch hier wurden die Einsatzkräfte auf dem Weg zum Hotel mit viel Beifall als Dank für ihre Hilfe empfangen. Dieses war zuvor schon den Rettungshundeführern beim Gassi gehen mit ihren Hunden in vielfältiger Weise zu teil geworden.

Das THW überließ der Deutschen Schule als Dank für die Nutzung der Schule und der Unterstützung ein Teil der medizinischen und hygienischen Ausstattung. Die verbliebenen THW-Kräfte, überwiegend Baufachberater, unterstützten weiterhin die Deutsche Botschaft und kehrten am Donnerstag, den 13. August, wieder nach Deutschland zurück.

Auf dem Rückflug nach Deutschland in der Nacht von Sonntag, 09. August auf Montag, 10. August, mussten die Rettungshunde diesmal in ihren eigenen Transportboxen mit in den Frachtraum und konnten nicht mit ihrem „Doghandler“ in die Passagierkabine, da die Lufthansa-Maschine mit Passagieren voll besetzt war. Umso größer war die Wiedersehensfreude auf beiden Seiten bei der Ankunft am Flughafen in Frankfurt. Der Empfang und der Willkommensgruß in Rüsselsheim erfolgte durch den hessischen Innenminister Peter Beuth, THW-Präsidenten Gerd Friedsam, der THW-Leitung und natürlich der koordinierenden THW-Kräfte im Hintergrund in Deutschland.

Am Montagmorgen, 10. August, wurde direkt nach der Landung gegen 07.00 Uhr noch am Flughafen in Frankfurt bei allen Einsatzkräften ein Corona-Nachweis durchgeführt. Das THW-Einsatz-Nachsorgeteam (ENT) war auch vor Ort und bot seine Beratung und Unterstützung an. Nach Bekanntgabe der negativen Testergebnisse aller Einsatzkräfte ging es dann am späten Abend wieder per MTW in die Heimat zurück und zwar in eine vom THW vorgeschriebene 6tägige häusliche Isolation. Die Abholung von Stephan Mondry und Belana erfolgte wieder durch Franz Roters unter strengen Hygienemaßnahmen.

Eine THW-interne Vorgabe verlangte noch die Durchführung eines  zweiten Corona-Testes nach 5 Tagen, der an der Uniklinik in Münster durchgeführt wurde. Auch dieser Test verlief negativ, so dass Stephan Mondry die häusliche Isolation am Sonntag, 16.08.2020 beenden durfte. In den kommenden Wochen wird unser Helfer Stephan Mondry noch einen weiteren medizinischen Check durchführen lassen, der nach der Rückkehr aus dem Ausland für Einsatzkräfte vorgeschrieben ist. Auch Belana wird sich einer tierärztlichen Nachsorge-Untersuchung unterziehen.


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